Dies Domini – 26. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Martin Schulz, unvermeidlich mit dem Pechvogel des Jahres auch beim Wort zur Woche anzufangen, hat am Wahlabend eine despektierlich gemeinte, aber ins Schwarze treffende Aussage über Frau Merkel gemacht: sie sei – nach dem Urteil mancher Medien, was er sich aber zu eigen mache – ein „Ideenstaubsauger“. Jemand, sollte das heißen, der ungefragt und unerbeten anderen deren gute Vorschläge zur gesellschaftlichen Entwicklung entziehe und damit zwar womöglich verwirkliche, zugleich aber unberechtigt deren positiven Ertrag im Urteil des Zuschauers – und Wählers (!) – also sprichwörtlich die Lorbeeren eines anderen – einheimse.
Naja, ob man das Merkelsche Rezept als so erfolgreich ansehen mag bei einem noch nie dagewesenen Verlust von fast drei Millionen Wählerstimmen, mag dahinstehen. Aber für unser Gemeinwesen muss es doch gut und richtig sein, wenn die besten Ideen, mögen sie auch herstammen, wo sie wollen, verwirklicht werden und unsere Situation verbessern. Ähnliches verlangt nämlich auch die Lesung des Sonntags, wenn sie fordert,
„Sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst.“ (Phil 2,3)
Wäre das nicht einmal ein Rezept, das wir in unserm Zusammenleben etwas mehr beachten könnten? Wie würden wir mit Flüchtlingen umgehen, die wir „höher einschätzen als uns selbst“? Wie ginge Ökumene voran, wenn wir einmal den andern als ebenso ernsthaft wie wir um den rechten Weg Bemühten einschätzen würden, anders, aber doch nicht weniger hoch?
Im Kern kann das nicht bedeuten, uns selbst zugunsten des „Anderen, der immer Recht hat“ aufzugeben und es soll schon gar nicht heißen, Minarette seien allemal unseren Kirchtürmen vorzuziehen; aber sollten wir nicht auch öfter den andern ansehen als einen von Gott geliebten und um das Gute bemühten Suchenden, auch wenn das im Konkreten oft nicht leichtfällt? Es hätte immerhin ein Vorbild in Jesus selbst, den uns die Lesung in einem einzigartigen Hymnus preist und als Vorbild vor Augen stellt:
„Er war Gott gleich, hielt aber daran nicht fest, sondern wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich!“ (Phil 2,6)
Im Evangelium zeigt uns der Herr auch einen Weg auf, wie auch schwache Menschen mithelfen können, das Gottesreich zu verwirklichen: nicht durch lautstarke Bereitschaft und mangelnde Tatkraft, sondern durch schließlich doch erbrachte Unterstützung, auch wenn zuerst gemeckert wird. Drastisch, wenn man sich vorstellt, was der Herr wohl heute für Beispiele heranziehen würde, um klar zu machen, dass nicht hochgestimmtes Weihrauchschwenken, sondern Reue und Hilfsbereitschaft den Weg in das Reich Gottes bahnen?
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit, in der sie – spätestens nach der Niedersachenwahl – erleben können, wie sich unsere Politik wieder sortiert unter dem Leitwort des Psalmisten:
„Gut und gerecht ist der Herr, darum weist er die Irrenden auf den rechten Weg.“
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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